Bargeld galt über Jahrhunderte als das zentrale Zahlungsmittel der Gesellschaft. Münzen und Scheine dominierten den Handel, während digitale Alternativen kaum eine Rolle spielten.
In den letzten Jahren hat sich das Verhalten der Verbraucher in diesem Punkt jedoch grundlegend geändert. Immer mehr Menschen zahlen mit Karte oder ihrem Smartphone. Kontaktlose Zahlungen sind auf dem Vormarsch − selbst in kleineren Geschäften werden digitale Zahlungen inzwischen häufig bevorzugt.
In einigen Ländern geht dieser Wandel sogar so weit, dass Bargeld fast vollständig aus dem Alltag verschwindet. Schweden beispielsweise gilt als Vorreiter einer bargeldlosen Gesellschaft. In Deutschland und Österreich halten allerdings weiterhin viele Menschen an Bargeld fest.
Diese Entwicklung führt zu einer kontroversen Debatte: Wird physisches Geld in naher Zukunft überflüssig oder gibt es triftige Gründe, warum es weiterhin bestehen bleiben sollte? Der folgende Artikel geht dieser Frage auf den Grund.
Der Status quo: Wie verbreitet ist Bargeld noch?
Bargeld spielt in vielen Ländern noch immer eine wichtige Rolle − auch wenn der Anteil an digitalen Zahlungen stetig steigt. Laut einer Studie der Deutschen Bundesbank wurden im Jahr 2022 noch 58 Prozent der Zahlungsvorgänge in bar abgewickelt. Dieser Wert lag vor wenigen Jahren noch deutlich höher. Zum Vergleich: 2015 betrug der Anteil noch 79 Prozent, was zeigt, dass sich der Rückgang immens beschleunigt.
Besonders in Deutschland ist Bargeld traditionell fest verankert. Der Einzelhandel und Restaurants akzeptieren es nahezu flächendeckend. Viele Menschen empfinden Bargeld vor allem als ein praktisches Mittel zur Kostenkontrolle. Gleichzeitig steigen die Anteile bargeldloser Zahlungen rapide an, insbesondere in jüngeren Altersgruppen.
In anderen Ländern hingegen sieht die Situation ganz anders aus:
- Schweden: Hier beträgt der Anteil an Barzahlungen nur noch 9 Prozent. Viele Geschäfte akzeptieren überhaupt kein Bargeld mehr.
- Norwegen: Ähnlich wie in Schweden ist die Nutzung von Bargeld auf 11 Prozent gesunken.
- Italien & Frankreich: In diesen Ländern hält sich Bargeld noch stärker. Allerdings bevorzugen auch hier mittlerweile viele Menschen Kartenzahlungen.
Die Entwicklung ist also keineswegs einheitlich. Doch warum gibt es diese Unterschiede überhaupt?
Warum geht der Trend weg vom Bargeld?
Die Gründe für den schwindenden Bargeldgebrauch sind vielfältig. Einer der wichtigsten Faktoren besteht in der technologischen Entwicklung.
Moderne Smartphones ermöglichen es, innerhalb weniger Sekunden per App zu bezahlen. Auch kontaktlose Karten stellen eine bequeme Alternative zum Bargeld dar. In vielen Ländern werden Banknoten und Münzen zunehmend als umständlich angesehen, da sie zum einen Wechselgeld erfordern und zum anderen das Bezahlen verzögern.
Ein weiterer entscheidender Punkt ist die Corona-Pandemie, die das Zahlungsverhalten massiv beeinflusst hat. Viele Menschen wollten während der Krise den Kontakt mit Geldscheinen vermeiden, da Bargeld als potenzieller Überträger von Viren galt. In dieser Zeit haben selbst traditionsbewusste Deutsche vermehrt auf Karten- oder Smartphone-Zahlungen umgestellt.
Ein nicht zu unterschätzender Faktor sind auch die Kosten und die logistischen Herausforderungen des Bargelds. Die Banken müssen ihre Geldautomaten warten, die Händler brauchen Wechselgeld und der Transport von Bargeld ist ebenfalls teuer und aufwändig. Viele Unternehmen und Finanzinstitute setzen deshalb verstärkt auf digitale Lösungen, um ihre Kosten zu senken.
Doch trotz dieser Entwicklung bleibt das Bargeld für viele Menschen ein wichtiger Bestandteil ihrer finanziellen Absicherung. Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit setzen viele wieder auf physische Werte wie Gold oder Silber, um sich von den Banken und digitalen Zahlungssystemen unabhängiger zu machen. Nicht selten werden dabei auch alte Wertgegenstände oder Erbstücke verkauft, um sie in krisenfeste Anlagen zu überführen. So entscheiden sich beispielsweise immer mehr Menschen, Schmuck oder Münzen über den Goldankauf in München zu veräußern, um mit dem Erlös in andere wertbeständige Anlagen zu investieren.
Die Risiken einer bargeldlosen Gesellschaft
Doch so bequem digitale Zahlungsmethoden auch sind, sie bringen auch einige Schattenseiten mit sich.
Ein bargeldloses System bedeutet, dass alle Finanztransaktionen nachverfolgbar sind. Staaten und Unternehmen könnten in Zukunft also genau nachvollziehen, wie viel Geld eine Person verdient, ausgibt und spart. In China gibt es bereits ein Social Credit System, das das Verhalten der Bürger bewertet – unter anderem basierend auf ihrem Finanzverhalten.
Ein weiteres Problem ist die Abhängigkeit von Banken und Finanzdienstleistern. Während Bargeld ein staatliches Zahlungsmittel ist, laufen Kartenzahlungen meist über private Unternehmen wie Visa, Mastercard oder PayPal. Sollte eine Bank beschließen, ein Konto zu sperren oder eine Transaktion nicht zuzulassen, hätte der Verbraucher kaum noch Alternativen.
Nicht zuletzt gibt es noch die Gefahr von Negativzinsen. In einer Welt ohne Bargeld könnten die Banken theoretisch Gebühren auf Girokonten erheben oder Negativzinsen durchsetzen, ohne dass Verbraucher die Möglichkeit hätten, ihr Geld in physischer Form aufzubewahren.
Der digitale Euro: Chance oder Risiko?
Ein weiterer Faktor, der die Zukunft des Bargelds beeinflussen könnte, ist die Einführung des digitalen Euro. Die Europäische Zentralbank plant, diese neue Währung in den kommenden Jahren als Ergänzung zum Bargeld einzuführen.
Der digitale Euro soll staatlich kontrolliert werden und sich von Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum unterscheiden. Während Bitcoin auf einer dezentralen Blockchain basiert, wäre der digitale Euro direkt an die EZB gekoppelt.
Die Vorteile eines digitalen Zentralbankgeldes wären:
- Schnelle und sichere Zahlungen ohne Zwischenhändler
- Keine Abhängigkeit von privaten Zahlungsdienstleistern
- Geringere Kosten für Händler und Verbraucher
Allerdings gibt es auch hier Bedenken. Kritiker warnen, dass ein digitaler Euro langfristig dazu führen könnte, dass das Bargeld vollständig verdrängt wird. Zudem gibt es die Sorge, dass Regierungen in Zukunft mehr Kontrolle über die Finanzströme der Bürger erhalten könnten.
Bargeld in der Schattenwirtschaft und als Krisenwährung
Während in vielen offiziellen Debatten über die Zukunft des Bargelds häufig nur die Aspekte des Alltagsverbrauchs betrachtet werden, spielt Bargeld jedoch noch in zwei weiteren Bereichen eine wesentliche Rolle: der Schattenwirtschaft und als Krisenwährung.
Die Schattenwirtschaft − also legale oder illegale Transaktionen außerhalb der offiziellen Buchhaltung − ist stark von Bargeld abhängig. In Ländern mit einer hohen Steuerlast oder restriktiven Finanzkontrollen bleibt Bargeld das bevorzugte Zahlungsmittel für inoffizielle Dienstleistungen, private Verkäufe oder Schwarzarbeit. Ein vollständiges Verschwinden von Bargeld würde diesen Wirtschaftszweig massiv verändern – mit unklaren Folgen für die Gesamtwirtschaft.
Zudem bleibt Bargeld in wirtschaftlichen oder politischen Krisen oft die letzte stabile Währung. In Ländern mit Hyperinflation oder instabilen Banken − wie zuletzt in Argentinien oder der Türkei − ziehen Menschen ihr Geld von den Konten ab und wechseln es in physische Werte, beispielsweise Fremdwährungen oder Edelmetalle. Dies zeigt, dass Bargeld trotz wachsender Digitalisierung eine essentielle Funktion für die finanzielle Sicherheit behält.
Verschwindet Bargeld – oder bleibt es?
Zu der Frage, ob das Bargeld bald vollkommen verschwindet, gibt es verschiedene Szenarien:
Szenario 1: Bargeld verschwindet vollständig. Länder wie Schweden zeigen, dass dies durchaus möglich ist. Bargeld wird durch digitale Zahlungsmethoden ersetzt. Die Banken sparen sich die Kosten für Geldautomaten und Bargeldlogistik.
Szenario 2: Bargeld bleibt als Nischenlösung erhalten. Einige Menschen nutzen weiterhin Bargeld, doch die Mehrheit bevorzugt digitale Zahlungen.
Szenario 3: Eine Renaissance des Bargelds durch Krisen. Wirtschaftliche oder geopolitische Unsicherheiten könnten das Vertrauen in Banken und digitale Währungen erschüttern, sodass die Menschen wieder verstärkt auf Bargeld und Edelmetalle setzen.
Die Zukunft bleibt ungewiss
Bargeld wird wohl nicht über Nacht verschwinden − der Anteil am Zahlungsverkehr nimmt dennoch stetig ab.
Digitale Zahlungsmethoden sind praktisch, schnell und kostengünstig, während Bargeld weiterhin Sicherheit, Anonymität und Unabhängigkeit bietet. Letztlich wird es also auf die Verbraucher ankommen. Solange eine kritische Masse von Menschen an Bargeld festhält, wird es erhalten bleiben. Doch die Infrastruktur schrumpft – immer weniger Banken bieten kostenlose Bargeldabhebungen an und viele Händler bevorzugen bereits heute digitale Zahlungen.
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob Bargeld eine Zukunft hat – oder ob wir schon bald in einer Welt leben, in der Scheine und Münzen nur noch in der Erinnerung existieren.